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Füreinander da sein

Es ist schon erstaunlich, wer im Moment aller für mich da ist. Gerade habe ich wieder eine Mail mit dieser beruhigenden Botschaft bekommen – diesmal von unserer Hausbank – und da bin ich wirklich froh, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, zum Teil aus dem Home-Office mit all seinen Vor- und Nachteilen, dafür sorgen, dass unter anderem auch weiterhin Rechnungen bezahlt werden können. Zugegebenermaßen froher als über die Mails gleichlautenden Inhalts vom Online-Kurs-Anbieter, von der Bekleidungsfirma und vom Bestattungsunternehmen. Aber auch die weisen mich darauf hin, worum es gerade geht: füreinander da zu sein.

Das gelingt mir schon unter normalen Umständen einmal mehr, einmal weniger. Und in dieser Ausnahmesituation – was meint es da genau? Wie kann ich da sein für meine Mitschwestern, die zum Großteil der Risikogruppe angehören und die gemeinsamen Gottesdienste und Besuche vermissen, für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die im Gesundheits-, Pflege- und Bildungsbereich gerade besonders gefordert sind, für die Eltern unserer SchülerInnen, die sich sorgen, wie sie finanziell durch die nächsten Monate kommen…?

Ich weiß schon, ich kann (und brauche) auch in der gegenwärtigen Situation die Welt nicht retten, aber einfach da sein – das müsste gehen.

Da sein im unaufgeregten Erledigen der Aufgaben, die den Betrieb im Kloster jetzt am Laufen halten, im Zuhören und in der Aufmerksamkeit füreinander – wenn auch auf Abstand, im Nachdenken und Handeln, wo wir konkret helfen und unterstützen können, im Beten für die, die uns ihre Anliegen anvertrauen…

Ich spüre neben all der Unsicherheit und Ohnmacht, neben Verwundbarkeit und Angst auch ein neues Bewusstsein von Verbundenheit wachsen.

Nicht nur, dass uns die Ausbreitung des Corona-Virus und deren Konsequenzen schmerzlich darauf hinweisen, dass alles mit allem und jede/r mit jedem/jeder zusammenhängt und in vielen Bereichen voneinander abhängig ist.

Nein, auch ein neues Bewusstsein der Verantwortung füreinander und der Bereitschaft, von sich selbst weg und auf die/den anderen hinzuschauen wird sichtbar. Das macht mich zuversichtlich, auch für „nach der Krise“.

Wenn es uns gelingt, mit Leben zu füllen, was uns in Zeiten wie diesen die Bundesregierung nahelegt, dann könnte sich etwas verändern in unserer Gesellschaft und auf unserer Welt.

Wenn wir das „Schau auf dich. Schau auf mich.“ nicht nur im Moment wirklich ernst nehmen, hat es Potential für neue Perspektiven für viele.

Und bis dahin lösche ich die Mails von oben erst einmal nicht…

 

Sr. Johanna Pobitzer

Sr. Johanna Dr. Pobitzer (c) Fischbacher

Sr. Johanna Pobitzer