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Was meinem Leben Sinn und Richtung gibt – #10: Katharina Sturmaier

Die Arbeit mit alten Menschen ist besonders wertvoll – denn es ist ein Privileg, wenn sie einem an ihren Lebenserfahrungen teilhaben lassen, ist Katharina Sturmaier überzeugt. Die 41jährige Diplomkrankenpflegerin leitet seit Anfang 2022 die Alten- und Pflegehäuser St. Agnes und St. Klara in Vöcklabruck.

Was beschäftigt Sie gerade?

Immer noch Corona – es ist mir wichtig, den Menschen bei uns im Haus St. Klara ein Zuhause zu bieten. Dass sie sich wohlfühlen, ihr Leben aktiv gestalten können, einen Sinn im Leben sehen. Das sind unsere Herausforderungen jeden Tag: Zu ermöglichen, dass die Menschen bei uns Freude am Leben haben, erfüllt leben können, nicht das Gefühl haben, isoliert zu sein. Wir versuchen, trotz der Einschränkungen, die aufgrund der Pandemie notwendig sind, Lösungen zu finden: Feste werden im kleinen Rahmen in den Wohnbereichen gefeiert, statt eines Besuches ist vielleicht ein gemeinsamer Spaziergang möglich, es gibt die Videotelefonie…

Wie kann das zum Beispiel mit schwer an Demenz Erkrankten funktionieren?

Menschen mit einer Demenzerkrankung brauchen Ruhe und Sicherheit. Sie sind in einer anderen Lebenswelt. Wir versuchen, ihnen einen Anker zu geben. Das kann zum Beispiel eine Puppe sein, die die Frau, die früher auf der Säuglingspflegestation gearbeitet hat, sehr gerne hält und wiegt. Demente Menschen drücken sich oft mit ihrer Mimik, Gestik, der Körpersprache aus – auch das ist Kommunikation.

Sie erzählen mit so viel Empathie und Begeisterung von Ihrer Arbeit …

Meine Arbeit ist genau meins! Ich bin gerne Krankenschwester und sehr gerne in der Langzeitpflege. Bevor ich ins Haus St. Klara kam, habe ich mit behinderten Menschen gearbeitet, bei Assista. Dort habe ich viel über mich selbst gelernt. Es ging sehr oft um die Selbstbestimmung – darum, dass man die Menschen so sein lässt, wie sie sind.

In der Pflege von alten Menschen geht es oft darum, ihnen in ihrer Lebenswelt zu begegnen. Es geht immer um die Menschen, nicht darum, Defizite zu suchen. Unsere Gesellschaft orientiert sich viel zu sehr an den Defiziten.

Das beginnt schon in der Schule …

… dort werden diejenigen, die anders sind als andere, oft abgestempelt. Man sollte auf die Stärken, auf das Positive fokussieren! Das bewundere ich sehr an den alten Menschen bei uns: Trotz oft schwerer Schicksalsschläge sind sie voll Lebensmut – man kann von ihnen so viel lernen!

Wie wird man so resilient?

Vielleicht ist es die Gabe, sich an den kleinen Dingen, den schönen Augenblicken, an dem, was möglich ist, zu freuen, nicht mit Neid auf andere zu blicken.

Ist diese Gabe bei den Jungen verlorengegangen?

Nein. Aber sie haben mehr Druck. Ältere Menschen tun sich leichter, ihre eigenen Schwächen anzunehmen, etwas zu finden, was ihnen Freude macht. Junge Menschen haben Druck in der Schule, Druck im Freundeskreis, Druck durch die sozialen Medien …. Es sollte darum gehen, selbstverständlich so angenommen und geliebt zu werden, wie man ist.

Wie geht es ihnen im Berufsleben damit?

Während meiner Zeit der Ausbildung und dann als Intensivpflegerin im Krankenhaus Ried wurde sehr auf das Menschliche geschaut. Da ist man nicht allein gelassen worden, zum Beispiel nach einem herausfordernden Nachtdienst. Als Führungskraft kann ich jetzt darauf achten, die Stärken meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu stärken, ihnen die Möglichkeit geben, Schwächen auszugleichen, indem sie zum Beispiel dort eingesetzt werden, wo sie gut sind. Wichtig ist auch eine gute Fehlerkultur: Man muss über alles reden können.

Was gibt Ihnen abseits vom Beruf Kraft?

Ich lese sehr gern, bin gern in der Natur, im Wald, arbeite im Garten, gehe schwimmen. Und natürlich gibt mir meine Familie Kraft: Meine Kinder – sie sind 12 und 13 Jahre alt –, mein Mann, der mich schon immer sehr unterstützt hat. Er arbeitet im Familienbetrieb, einem Bauernhof mit Fleischhauerei, wo sehr naturnahe gearbeitet wird. Und ich erhalte auch Unterstützung von der Großfamilie – im Familienverbund mit mehreren Generationen zu leben ist bei uns im Dorf noch selbstverständlich. Da wird Rücksicht genommen auf die Bedürfnisse der Jüngsten und der Ältesten … So kenne ich das aus meiner Kindheit und so ist das auch jetzt noch.

 

(sam)

Katharina_sturmaier

„Vielleicht ist es die Gabe, sich an den kleinen Dingen, den schönen Augenblicken, an dem, was möglich ist, zu freuen, nicht mit Neid auf andere zu blicken, die uns resilient macht.“

Katharina Sturmaier

In unserer Serie „Was meinem Leben Sinn und Richtung gibt“ kommen Frauen zu Wort, die sich Gedanken über den größeren Kontext ihres Lebens machen.

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