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Was meinem Leben Sinn und Richtung gibt – #1: Julia Nobis

„Lebe einfach und verlasse dich drauf, dass es okay ist …“ – Die Frage nach dem Sinn des Lebens ist für Julia Nobis nicht wirklich sinnvoll. Wichtig ist der 45jährigen Sachbearbeiterin aus Linz, zur Ruhe zu kommen, ihre Umwelt wahrzunehmen.

Was beschäftigt dich gerade?

Corona … das Thema Nummer eins zurzeit. Ich beschränke es ganz bewusst auf mein Arbeitsleben. In meiner Freizeit versuche ich, es draußen zulassen, verfolge nicht alle News und Postings. Ganz privat freue ich mich momentan, dass mein Balkon schön langsam wieder grün wird … Es ist mir wichtig, meine Wohnung, mein Umfeld zu gestalten: Ich möchte es schön und gemütlich haben, es darf kreatives Chaos herrschen und muss nicht perfekt zusammengeräumt sein. Und ich liebe die Ruhe: abends auf dem Balkon zu sitzen, zu schauen, zu hören, zu riechen, vielleicht leise Musik im Hintergrund … einfach nichts zu tun außer beobachten: Was macht das mit mir?

Eigentlich bin ich ja eher aufgedreht – Typ aufgescheuchtes Hendl. Über die Jahre habe ich aber gelernt, wie gut es mir tut, zur Ruhe zu kommen.

Wann warst du das letzte Mal aufgedreht?

In der Arbeit. Mein Chef wollte dringend etwas von mir. Ich wusste, so wie er das möchte, funktioniert das nicht. Ich wurde innerlich unruhig, alles in mir sträubte sich … es war wie ein Gewitter im Kopf. Ich habe durchgeatmet und dann ruhig meine Argumente gesammelt und anschließend vorgebracht, warum ich eine andere Lösung besser finde. Das hat er gut gefunden, ich habe dann meine Lösung umsetzen können.

Warum hast du dich für die Arbeit als Sachbearbeiterin entschieden?

Ich habe diese Arbeit schon neben meinem Studium der katholischen Theologie gemacht. Das Studium hatte ich fast fertig. Da bemerkte ich, dass sich mein Mittelpunkt langsam Richtung Arbeit verschoben hatte. Anfangs war ich mit großem Idealismus dabei, dachte, ich möchte in der Kirche etwas bewegen, verkrustete Strukturen aufweichen, die Rolle der Frau neu mitgestalten … irgendwann bin ich zu der Einsicht gekommen, dass das für mich nicht funktioniert. Auch, dass die Kirche in vielen Dingen weltfremd ist. Und es hat sich herausgestellt: Ich will weder Religionslehrerin werden noch in die Pastoralarbeit gehen.

Was ist dir wichtig?

Auch wenn es egoistisch klingt: Mir ist wichtig, auf mich selbst acht zu geben. Wenn es mir gut geht, kann ich mich auch darum kümmern, dass es meinen Freunden, meiner Familie, gut geht. Die Arbeit spielt schon auch eine wichtige Rolle, aber nicht die zentrale. Wichtig sind mir meine Freiheit und meine Kreativität: Ich liebe Tätigkeiten, die mich in den Moment holen. In erster Linie ist das die Fotografie – sie gibt der Zeit eine andere Qualität: Ich konzentriere mich auf das, was ich sehe, auf ein Motiv. Dann betrachte ich es durch den Sucher, versuche es ins rechte Licht zu rücken. Da bin ich völlig im Hier und Jetzt, die Zeit fühlt sich an wie in Slow Motion. Ich male auch gerne und singe in einem Chor, beides hat für mich eine ähnliche Qualität. Malen und Fotografieren ist etwas, was ich nicht immer mache … in manchen Phasen ist es mir total wichtig, dann darf es wieder ruhen. Je nach Lust und Laune.

Was bedeutet dir die Religion?

Christliche Grundwerte sind mir wichtig. Ich spreche lieber vom Schöpfer als von Gott. Er ist für mich immer präsent: im Augenblick, im Moment, wenn es schön ist … das ist dann so ein Gefühl, dass ich gehalten bin im Leben. Die Frage nach dem Sinn des Lebens stelle ich mir nicht (mehr). Ich denke, der Sinn des Lebens ist es, einfach zu leben, es so gut wie möglich zu machen. Stell dich rein ins Leben und verlasse dich drauf, dass es okay ist!

(sam)

„Wichtig sind mir meine Freiheit und meine Kreativität: Ich liebe Tätigkeiten, die mich in den Moment holen.“

Julia Nobis

Fotos (c) Julia Nobis

In unserer Serie „Was meinem Leben Sinn und Richtung gibt“ kommen Frauen zu Wort, die sich Gedanken über den größeren Kontext ihres Lebens machen.

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