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Christoph Burgstaller: „Lernen, auf der Welle zu surfen.“

Wenn sich knapp 90 pädagogische Einrichtungen von fünf Trägerorganisationen unter einem neuen Dach zusammenfinden, gilt es, Menschen und Systeme zusammenzubringen, Prozesse zu entwickeln und eine neue Unternehmenskultur zu schaffen. Welche Herausforderungen diese Aufgabe in der aktuellen Krise mit sich bringt und was ihn trotzdem zuversichtlich stimmt, erzählt Christoph Burgstaller, Geschäftsführer des Vereins für Franziskanische Bildung (VfFB) im Gespräch mit dem Franziskanerinnen Magazin.

Herr Burgstaller, eine Organisation mit Verantwortung für knapp 700 MitarbeiterInnen an vielen Standorten auf Schiene zu bringen ist an sich schon eine Herausforderung. Wie ging es Ihnen damit, als ein paar Monate nach dem Start des VfFB die Corona-Krise dazukam?

Gerade in einer Krise sieht man, auf wen man sich verlassen kann. Andererseits werden auch Schwächen sichtbarer. Man kann die Welle nicht aufhalten, aber man kann lernen, auf ihr zu surfen – genau das ist in diesem Jahr passiert: Manches wäre anders gelaufen ohne diese Pandemie. Aber wir können uns die Umstände nicht aussuchen, in die wir hineingeboren werden. Wir können nur versuchen, bestmöglich damit umzugehen … und ich glaube, das ist uns im Großen und Ganzen gelungen. Ohne Krise wären wir sicherlich weiter …

… inwiefern?

… wir mussten zum Beispiel sowohl in der Zentrale als auch in den meisten Einrichtungen Kurzarbeit einführen. Die Einreichungen und die Abrechnungen, die dafür notwendig waren, haben uns in der Zentrale einigermaßen gefordert, da sind hunderte Arbeitsstunden hineingeflossen, anderes musste zurückgestellt werden. Die Krise hat uns auch enorm viel Organisations- und Kommunikationsarbeit abverlangt… aber letztlich hat das unseren Zusammenhalt gestärkt.

Wie war das, als es im März plötzlich hieß: Auf Homeschooling umstellen?

 Zu Beginn war es ein großes Suchen: Manche Schulen sind ja im Bereich digitale Kompetenz schwerpunktmäßig unterwegs. Für andere war die Herausforderung größer, sie mussten sich erst orientieren. Hier war der Austausch sehr wichtig: Wie machen es die anderen, was bewährt sich, was weniger … Aus den Rückmeldungen der Eltern und SchulleiterInnen weiß ich, dass das Homeschooling im Großen und Ganzen gut organisiert war.

Gerade im Homeschooling kommt es sehr darauf an, wieviel Unterstützung die Kinder von den Eltern erhalten und ob die notwendigen Endgeräte vorhanden sind … wie ist die Situation diesbezüglich in den Einrichtungen des VfFB?

 Zu den Eltern: Selbstverständlich ist die Belastung groß, im Home-Office auch noch einen Blick auf die eigenen Kinder zu haben. Wir hatten mehrere Rückmeldungen von Eltern, die sich seitens der Schulen sehr gut unterstützt fühlten.

Was die Hardware betrifft, so fand ich die Initiative #ordentlichlernen der Ordensgemeinschaften sehr gut. Auch einige unserer Schulen haben dafür Laptops gesammelt und neu aufgesetzt für Kinder, die Schwierigkeiten hatten, das technische Equipment zusammenzustellen. Natürlich hängt der Erfolg von Homeschooling auch davon ab, wie gut die Eltern ihre Kinder unterstützen können – je jünger die Kinder sind, desto wichtiger ist dieser Support.

Stichwort jüngere Kinder: Wie war die Situation in den Kindergärten und Krabbelstuben?

Ich habe den Eindruck, dass vielfach Wege gefunden wurden, mit den Herausforderungen umzugehen. Gerade für sehr junge Kinder ist der persönliche Kontakt wichtig. Der war unter Berücksichtigung der Hygienekonzepte für die Kinder, deren Eltern das Betreuungsangebot in Anspruch genommen haben, möglich. Viele Eltern haben ihre Kinder im ersten Lockdown aber gar nicht geschickt: Natürlich gab und gibt es damit Einschränkungen, was die pädagogische Arbeit betrifft und es hat Einfluss auf die Gruppe, wenn nur ein Bruchteil der Kinder da ist.

Was nehmen Sie sich Positives aus dem Jahr 2020 mit?

 Ich bin dankbar, dass alle die Mehrfachbelastungen mitgetragen und das Beste aus der herausfordernden Situation gemacht haben. Und es hat sich irrsinnig viel weiterentwickelt:

Tolle Veranstaltungen, wie am Anfang des Jahres die Wallfahrt nach Mariazell, gut gelungene Einführungsseminare für die neuen MitarbeiterInnen, Erkenntnisse, die wir aus den Prozessen gelernt haben, zum Beispiel in der gemeinsamen Budgetierung … Was sicherlich noch einige Zeit braucht: Kontakte vor Ort – die konnten leider im zweiten Halbjahr nur mehr digital stattfinden.

Wenn ich mit den MitarbeiterInnen und den Kindern spreche, dann spüre ich: Dafür arbeite ich gerne – für den franziskanischen Gedanken, junge Menschen ein Stück ihres Weges unterstützend zu begleiten. Im VfFB schaffen wir Rahmenbedingungen, damit das auch zukünftig geschehen kann. Wenn ich in der Früh mit dem Gedanken aufwache, dass das, was ich heute machen werde, dazu beiträgt, stimmt mich das zuversichtlich!

Was wünschen Sie sich für die nächste Zeit?

Klarheit, wie es weitergehen kann und wird. Derzeit ist es wie Navigieren im Nebel und wir müssen auf Sicht fahren. So wünsche ich uns allen, dass es gelingt, zur richtigen Zeit die richtigen Schritte zu setzen. Und ich wünsche uns ein Frühjahr und einen Sommer mit möglichst wenig Einschränkungen. Bildungsarbeit ist vor allem Beziehungsarbeit!

 

(sam)

Mag. Christoph Burgstaller ist seit August 2019 Geschäftsführer des Vereins für Franziskanische Bildung (VfFB) mit knapp 90 Einrichtungen aus fünf franziskanischen Ordensgemeinschaften. Zuvor leitete er im Pastoralamt der Diözese Linz den Bereich Kinder/Jugend, war parallel gewerberechtlicher Geschäftsführer des Begegnungszentrums der Katholischen Jugend Oberösterreich und als Organisationsberater tätig.

Burgstaller studierte Lehramt Mathematik und Kombinierte Religionspädagogik an der Johannes Kepler Universität Linz und der Katholisch-Theologischen Privatuniversität Linz.

Den Ausgleich zum herausfordernden Job findet der Vater dreier Kinder bei der Bewegung in der Natur – einer Beschäftigung, der er nach seiner Corona-Erkrankung einige Zeit nicht in gewohnter Weise nachgehen konnte. Sein privater Wunsch daher: „…, dass ich diese Nachwirkungen der körperlichen Müdigkeit, die ich immer noch spüre, bald überwinden kann.“

 

Foto (c) Isabela Kamesberger

„Im VfFB schaffen wir Rahmenbedingungen, um junge Menschen ein Stück ihres Weges unterstützend zu begleiten. Wenn ich in der Früh mit dem Gedanken aufwache, dass das, was ich heute machen werde, dazu beiträgt, stimmt mich das zuversichtlich!“

Christoph Burgstaller

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