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Generationen im Gespräch: „So viele Unterschiede sind da gar nicht …“

Im Dezember haben sich Sr. Aloisia, die zweitälteste und Sr. Isabel, die zweitjüngste Schwester der Gemeinschaft der Franziskanerinnen von Vöcklabruck, im Haus St. Klara getroffen und über die Vergangenheit, die Zukunft, Verbindendes und Unterschiede gesprochen. Aufgezeichnet von Susanne Sametinger.

Sr. A.: Meine Mutter war eine sehr gläubige Frau, sie wollte eigentlich auch Ordensschwester werden. Sie war bei einem Bauern im Dienst. Meine Schwester und ich haben bei der Großmutter gelebt, die hatte 14 Kinder … die Pille gab es damals ja noch nicht!

Am Sonntag hat uns die Mutter immer besucht. An meinen Vater kann ich mich noch erinnern, der war ein Hallodri, er hat meine Mutter allein gelassen mit uns beiden. Als ledige Frau hatte man es damals nicht leicht …

Sr. I.: Das ist in Afrika auch heute noch so, wenn eine Frau, die nicht verheiratet ist, schwanger wird – da gibt es oft Konflikte, vor allem mit den Ehefrauen der Brüder. Meine Eltern waren schon verheiratet, als sie Kinder bekamen, ich habe vier Geschwister. Mein Vater hat acht Geschwister und sein Onkel hatte auch 14 Kinder! Die junge Generation bekommt nicht mehr so viel Nachwuchs, denn das Schulgeld aufzutreiben ist nicht leicht. Kenia ist ein armes Land und viele Kinder zu haben können sich die meisten nicht leisten.

Sr. A.: Ich bin mit 23 Jahren in den Orden eingetreten und habe dann eine Ausbildung zur Diplomkrankenschwester gemacht, das war sehr schön! Die Ausbildung dauerte damals nur ein Jahr. Dann habe ich in Mondsee gearbeitet, da gab es ein kleines Krankenhaus mit 50 Betten, dann in Schärding und in Braunau. Und dann war ich hier in St. Klara noch für eine Wohngruppe für die Schwestern zuständig! Jetzt sind wir halt viele … und einige können sich an nichts mehr erinnern. Die haben eine Freude, wenn sie dasitzen und eine Puppe halten … das ist schön! Andere sind pflegebedürftig …

Sr. I.: Wie war das früher – welche Schwierigkeiten gab es und wie hast du sie gemeistert?

Sr. A.: Es war nicht immer leicht. Aber zu Gott zu gehen, zu beten hat mir immer Kraft gegeben. Der Herr hilft immer weiter – auch jetzt: Ich bin manchmal so traurig. Da kommt mir so manches aus dem früheren Leben unter. Und dann bete ich und spüre eine große Freude.

Sr. Aloisia, was würden Sie mit dem Wissen von jetzt als junge Frau anders machen?

Sr. A.: Ich würde intensiver leben! Und den Herrgott nie vergessen. Der verlässt einen nicht, auch, wenn es dunkel ist. Und im Alter ist’s schon oft recht dunkel, wenn nichts mehr so richtig funktioniert …

Sr. Isabel, wenn Sie so alt sind wie Sr. Aloisia, worauf möchten Sie mit Stolz zurückblicken?

Sr. I.: Dass ich mit den Menschen gut umgegangen bin. Und dass ich meine Arbeit gut gemacht habe und für meine Gemeinschaft, für die Älteren und den Nachwuchs da war.

Sr. A.: Sr. Isabel, ich wünsche dir, dass du weiterhin so strahlst wie jetzt! Man sieht: Du bist glücklich … bist du glücklich?

Sr. I.: Ich bin zufrieden… ja, glücklich. Das heißt nicht, dass ich keine Sorgen habe, die gehören dazu. Aber ich sehe auch das Schöne!

Sie beide haben im August 2021 eine Profess gefeiert – Sr. Aloisia ihre 70-jährige und Sr. Isabel ihre erste zeitliche Profess. Wie war das für Sie?

Sr. A.: Das war schon eine freudige Angelegenheit, allein schon vorher mit den Einladungen. Ich hatte Sorge, dass ich jemanden vergesse! Jetzt denke ich nicht daran, ich habe mehr das Sterben im Kopf. Mein Gedächtnis lässt nach, mir fallen oft die Wörter nicht mehr ein … Es ist gar nicht so leicht, sich damit abzufinden, da muss ich den lieben Gott bitten, dass er mir beisteht. Aber beten kann ich noch! Das ist mir wichtig: für euch andere beten, die ihr alles über habt auf der Welt.

Sr. I.: Für mich war die Profess eine große Freude: Ich habe lange auf diesen Tag gewartet. Bei mir war der Weg länger, wegen meiner Herkunft, der Sprache … dann durfte ich endlich sagen: Heute ist der Tag! Das ist wie beim Heiraten: Zuerst lernt man sich kennen, dann ist man verlobt, dann verheiratet.

 Was beschäftigt Sie derzeit am meisten?

 Sr. A.: Dass es so wenig Nachwuchs im Orden gibt. Aber wir dürfen die Hoffnung nicht aufgeben. Wenn wir uns anschauen, wie die Welt jetzt ist, ist es ganz klar – wenn man Gott vergisst, dann schickt er nichts mehr. Aber wir geben die Hoffnung nicht auf!

Sr. I.: Bei mir hat momentan die Ausbildung Vorrang – der theologische Fernkurs und die Ausbildung zur Kindergartenhelferin. Und die Ordensausbildung, ich bin ja noch im Juniorat.

 Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

 Sr. I.: Also, zuerst einmal, dass mein Deutsch besser wird. Wenn ich mich besser ausdrücken kann, bin ich auch bei den Prüfungen besser …. Ich freu mich schon, mit Kindern zu arbeiten, in einem Kindergarten oder in der Pfarre.

Und längerfristig wünsche ich mir, dass es eine Welt gibt, wo alle Menschen mit Respekt behandelt werden. Als Ausländerin habe ich da manchmal keine guten Erlebnisse.

Sr. A.: Früher hatten wir wenig Berührungspunkte mit Ausländern … Jetzt ist die Welt klein geworden. Ich war immer offen für die Menschen. Ich spüre schon, dass du dich nicht so angenommen fühlst, aber ich liebe dich von Herzen!

Ich werde in Zukunft immer weiter tun mit dem Beten – weil manuell arbeiten kann ich nicht mehr so.

 Trotz der 65 Jahre Altersunterschied haben Sie beide viele Gemeinsamkeiten …

 Sr. A.: Ja, man wird wieder jünger mit dem Alter, man kommt immer näher zu Gott.

 Sr. I.: … und so viele Unterschiede sind da gar nicht. Schließlich sind wir in derselben Gemeinschaft.

sr. aloisia kohlböck sr. ida kamande

Sr. Aloisia, 97 Jahre, und Sr. Isabel, 32 Jahre.

Foto © sam

Sr. Aloisia Kohlböck (c) Zopf

Sr. Aloisia Kohlböck, geb. am 18. Mai 1924 in Ungenach, ist mit 23 Jahren in die Gemeinschaft der Franziskanerinnen von Vöcklabruck eingetreten. Im August 2021 feierte sie ihre 70-jährige Profess. Die ausgebildete Diplomkrankenschwester arbeitete in Krankenhäusern in Mondsee, Schärding und Braunau. Im Alter von 77 bis 81 Jahren leitete sie eine Wohngruppe im APH St. Klara – jetzt lebt sie dort.

 Foto (c) Zopf

Sr. Isabel Kamande (c) Zopf

Sr. Isabel Kamande, geb. am 13.07.1989 in einem kleinen Dorf in Kenia, lebt seit April 2017 in der Gemeinschaft der Franziskanerinnen von Vöcklabruck. Im August 2021 legte sie ihre erste zeitliche Profess ab. Seit Herbst lebt sie im Konvent in Braunau und absolviert eine Ausbildung zur Kindergartenhelferin.

 Foto (c) Zopf

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1 Kommentar

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Ingrid-Maria Aichmairantworten
7. Februar 2022 at 21:00

Dieses Gespräch finde ich sehr gut gemacht, das Menschliche und Miteinander kommt schön heraus. Sr.Aloisia kenne ich persönlich nicht; Sr. Isabel habe ich kurz nach ihrem Eintritt im Garten getroffen und als ich sie ansprach war ich von ihrem Deutsch sehr beeindruckt. Im Laufe der Zeit habe ich den Eindruck, die Überzeugung gewonnen, dass sie sehr bewusst ihren Weg geht. — Ich war im Mutterhaus 7 x mit unseren Ministranten auf Lager: dabei haben die Kinder und ich hautnah erlebt, wie die älteren u. alten Schwestern die Kinder begeistert haben; jetzt nach 1 Jahrzehnt sprechen sie, bereits selbst erwachsen, noch davon. Wenn ich jetzt fallweise ins Mutterhaus komme, werde ich oft von älteren Schwestern gefragt: „Kommst nicht wieder mit den Kindern?“

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