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Verantwortung wahrnehmen – nachhaltig leben

Die Schöpfungsverantwortung ist den Franziskanerinnen von Vöcklabruck ein wichtiges Anliegen, mit dem sie sich aktiv und durchaus auch selbstkritisch auseinandersetzen. Was bedeutet Nachhaltigkeit, in welchen Bereichen kann man nachhaltig handeln und was sind die Konsequenzen? Wann ist Verzicht sinnvoll? Eine Bestandsaufnahme ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

 

Respektvoll mit der Umwelt und den Menschen umzugehen ist in die franziskanische DNA geschrieben: Franz von Assisi pries in seinem Sonnengesang den Herrn mit allen seinen Geschöpfen, und lobte ihn „durch unsere Schwester, Mutter Erde, die uns erhält und lenkt und vielfältige Früchte hervorbringt und bunte Blumen und Kräuter.“

 

In einer Zeit, in der Klimawandel zu einer konkreten Bedrohung, zu einem existenziellen Thema geworden ist, ist die Haltung des Heiligen Franziskus aktueller denn je. Umweltschutz, ein sorgsamer Umgang mit den natürlichen Ressourcen und Respekt vor den Lebewesen sind in Unternehmensleitbildern, politischen Programmen und Zielsetzungen omnipräsent – an der Umsetzung hapert es oft.

 

Nachhaltigkeit

Der Begriff der „Nachhaltigkeit“ kommt aus der Forstwirtschaft. Erstmals verwendete ihn Hans Carl von Carlowitz 1713 in seinem Buch, in dem er die Kunst beschrieb, den Holzbau so zu betreiben, dass eine kontinuierliche nachhaltige Nutzung gewährleistet sei. Dieses Prinzip der Nachhaltigkeit wurde in der Forstwirtschaft schon lange vorher praktiziert und ist immer noch die Basis forstwirtschaftlichen Denkens und Handelns.

 

Heute wird der Begriff wesentlich breiter verwendet. Die deutsche Kathy Beys Stiftung beschäftigt sich in ihrem Online-Lexikon der Nachhaltigkeit ausführlich mit verschiedenen Definitionen und fasst schließlich zusammen, dass „Nachhaltigkeit somit als eine Form des ökologischen und ökonomischen Handelns verstanden werden (kann), die gegenwärtigen und zukünftigen Generationen vergleichbare oder bessere Lebensbedingungen sichern soll, indem das dazu notwendige Element sorgsame Anwendung findet und entsprechend geschützt wird. Im Zentrum der Nachhaltigkeit stehen Umwelt, wirtschaftliche und soziale Aspekte.

 

Arbeitskreis Schöpfungsverantwortung

Die Franziskanerinnen von Vöcklabruck haben sich zum Ziel gesetzt, konkrete Möglichkeiten zu suchen, wie sie die Verantwortung für die Schöpfung immer wieder neu wahrnehmen können. Schon im Jahr 2000 hat der Orden deshalb einen „Arbeitskreis Schöpfungsverantwortung“ eingerichtet. Leiterin war lange Jahre Sr. Pia Kypta, ausgebildete Biologin, die den Arbeitskreis mit viel Wissen und Engagement vorantrieb. Ihre Nachfolgerin Sr. Wilburgis Demal beschreibt die Aufgaben des Arbeitskreises: „Wir wollen die Schwestern über globale Zusammenhänge informieren, uns die Mitverantwortung bewusst zu machen und den eigenen Lebensstil überprüfen, um gegenüber Menschen und Umwelt verantwortungsvoll zu handeln. Es geht darum, einen Lebensstil zu entwickeln, der nicht auf Kosten anderer geht – jener Menschen, die in Not leben, weil unser Lebensstandard in den reichen Industrieländern sie ausbeutet. Dagegen etwas zu tun ist unsere christliche Pflicht!“

 

Maßnahmen im Sinne der Nachhaltigkeit gibt es in vielen Bereichen des Ordenslebens: So wird in der Mutterhausküche dreimal pro Woche fleischlos gekocht, man versucht, vorwiegend biologische regionale oder Faire-Trade-Produkte einzukaufen. Das sei oft teurer, manchmal müsste man auch auf etwas verzichten, etwa auf den Lieblingskaffee. Sr. Wilburgis: „Nur der fair gehandelte Kaffee garantiert den Kaffeebauern einen gerechten Lohn und menschenwürdige Arbeitsbedingungen. Heute gilt es die Qualität des Weniger zu entdecken und eine Kultur der Genügsamkeit zu entwickeln, wenn wir den Schrei der Erde und den Schrei der Armen nicht überhören wollen.“

 

 

Fokus auf nachhaltiges Handeln legen

Gut informiert zu sein über mögliche Konsequenzen des eigenen Verhaltens für die Umwelt und die Menschen und sein Verhalten entsprechend anzupassen ist für jede und jeden einzelnen möglich und sinnvoll und kann in Summe viel bewirken. Ebenso wichtig ist, dass die Wirtschaft ihre Verantwortung wahrnimmt. Wie kann es gelingen, Betriebe dazu zu bewegen, ihren ökologischen Fußabdruck so gering wie möglich zu halten? „Regulatorien wie etwa das Energieeffizienzgesetz oder die Bauprodukteverordnung lenken den Fokus auf nachhaltiges Handeln“, sagt Andrea Goerth, Energie- und Umweltmanagerin im Ingenieurbüro mitPlan GmbH in Gmunden. „Auch wenn Unternehmen diese anfangs skeptisch betrachtet und als Belastung empfunden haben – mittlerweile wollen immer mehr die in den Audits gewonnenen Erkenntnisse umsetzen.“

 

Auch die Franziskanerinnen von Vöcklabruck arbeiten mit der mitPlan GmbH zusammen: Derzeit läuft eine Erhebung des ökologischen Fußabdrucks des Ordens im Jahr 2021. Das Ergebnis war zu Redaktionsschluss noch ausständig – es soll eine Basis für die Evaluierung von Maßnahmen zur Reduktion des ökologischen Fußabdrucks sein. Zur gezielten Planung hat die mitPlan GmbH gemeinsam mit Vertreter*innen des Ordens eine Entscheidungsmatrix erarbeitet, in der jede Kaufentscheidung nach ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekten geprüft werden kann. Der Wasserverbrauch bei der Herstellung, die Entstehung von Müll und der Schutz der Biodiversität werden nach dieser Matrix ebenso betrachtet, wie etwa die Energieeffizienz, die regionale Wertschöpfung oder in sozialer Hinsicht zum Beispiel gerechte und faire Produktionsbedingungen, die Einhaltung der Menschenrechte, Gesundheitsförderung oder Barrierefreiheit. „Nachhaltiges Handeln geht weit über eine Reduktion von CO2-Emissionen hinaus“, betont Andrea Goerth, die das Projekt begleitet. Als plakatives Beispiel nennt sie den Kauf eines Apfels: Betrachte man nur den ökologischen Fußabdruck, so sei der Kauf eines steirischen Apfels bis zum Frühling nachhaltiger als der Kauf eines Apfels aus Südafrika. Erst dann produziere die Kühlung des steirischen Apfels mehr CO2 als der weite Transport aus Südafrika. Trotzdem könnte die Entscheidung für den steirischen Apfel auch im Frühjahr nachhaltiger sein: Weil man damit vielleicht seine gute Beziehung zur steirischen Apfelbäuerin pflege, weil Äpfel wichtig für die steirische Kulturlandschaft seien, etc.

 

Nachhaltige Forstwirtschaft

Die drei Säulen – Ökonomie, Ökologie und Soziales – spielen auch in der Forstwirtschaft eine wichtige Rolle. „In der Forstwirtschaft beziehen wir Nachhaltigkeit auf die Funktion des gesamten Ökosystems“, erklärt Wolfgang Ramsl. Der Bezirksförster von Vöcklabruck kümmert sich nebenberuflich um den Waldbesitz von rund 150 Hektar der Franziskanerinnen von Vöcklabruck. „Der Wald erfüllt je nach Standort eine oder mehrere Funktionen: Neben der Nutzfunktion sind dies eine Schutzfunktion, eine Wohlfahrts- und auch eine Erholungsfunktion“, sagt Ramsl. In erster Linie gehe es darum, eine kontinuierliche schonende Holznutzung zu betreiben und im Idealfall im Jahr so viel Holz zu nutzen wie jährlich zuwächst, sodass der Bestand möglichst gleichbleibe. Maßgeblich dafür sei unter anderem, den Wald nachhaltig zu bewirtschaften: „Wir arbeiten mit so genannten 10-Jahres-Operaten, wo wir auf Basis von Stichprobeninventuren evaluieren, wie sich die bisherigen Maßnahmen ausgewirkt haben und wie wir weiter vorgehen, um den Bestand zu sichern“, sagt Ramsl. In der Forstwirtschaft ist langfristiges Planen wichtig: Bis eine Fichte geschlagen wird, dauert dies im Durchschnitt 80 Jahre – „wir haben aber auch Altbestände aus Kaisers Zeiten“, erzählt Ramsl. Heute wird die Forstwirtschaft oft wegen Monokulturen oder zu dichtem baumbestand kritisiert. Zu unrecht, meint Ramsl:  „Zum Zeitpunkt, als die heutigen Bestände begründet wurden, hat man aus damaliger Perspektive gehandelt. Damals war maximaler Ertrag ein verständliches und legitimes Ziel. Wir Förster müssen mit dem umgehen, was unsere Vorgänger uns zur weiteren Bewirtschaftung hinterlassen haben, wir können ausschließlich in die Zukunft gerichtet gestalten. Und eines muss ich betonen: Wir leben von den vermeintlichen ‚Fehlern‘ unserer Vorgänger nicht schlecht!“

 

Nicht nur die wirtschaftlichen Erfordernisse ändern sich – auch die Klimaerwärmung und Schädlinge wie der Borkenkäfer oder das Eschensterben erfordern eine bedachte Anpassung und nachhaltige Planung der forstlichen Maßnahmen. Früher war der Winter bei Frost und Schnee die Hauptarbeitszeit für die Holzschlägerung. Auf Grund des sich ändernden Klimas, verbunden mit langen Regenperioden im Herbst, wird diese Saison immer kürzer und eine wald- und bodenschonende Bearbeitung wird zu einer immer größeren Herausforderung.  Auch auf andere Baumarten als den bisher hier heimischen greife man zurück: „Wir bauen zum Beispiel seit mehr als 100 Jahren Douglasien an, die ursprünglich aus Nordamerika stammen und an unseren Standorten eine sehr gut Alternative zur Fichte sind“, erklärt Ramsl.

 

Gäste sind willkommen

Auch die Waldökologie hat der Förster im Fokus: „Da geht es um die Bestände, die Aufforstung … man sollte dabei wenn möglich die Mechanismen der Natur nützen oder kopieren. Abgesehen vom Holzertrag hat ein Wald wichtige Schutzfunktionen – zum Beispiel des Grundwassers, und der Luftqualität. Und – gerade in Stadtnähe – sind Wälder auch Naherholungsgebiete. In diesem Zusammenhang ist Ramsl wichtig, dass gewisse Regeln eingehalten werden: „Sperren sind schon im Hinblick auf die eigene Sicherheit zu akzeptieren. Und gewisse Gebiete brauchen ihre Ruhe, das sollte man respektieren und nicht überall hinwandern oder mit dem Mountainbike hinfahren. Da kann viel zerstört werden, die Tiere werden aufgescheucht … Ich appelliere an alle, sich im Wald wie Gäste zu benehmen. Gäste, die die Regeln akzeptieren und der Natur und den Tieren mit Respekt begegnen!“

 

Sich wie Gäste zu fühlen und zu benehmen, ist nicht nur im Wald ein gutes Leitmotiv: Denn welcher Gast zerstört schon mutwillig das Haus seiner Gastgeber*innen?

Verantwortung wahrnehmen - nachhaltig leben
Sr. Wilburgis Demal

„Es geht darum, einen Lebensstil zu entwickeln, der nicht auf Kosten anderer geht.“

Sr. Wilburgis Demal, Leiterin des Arbeitskreises Schöpfungsverantwortung

Andrea Goerth

„Nachhaltiges Handeln geht weit über eine Reduktion von CO2-Emissionen hinaus.“

DI Andrea Goerth, Energie-, und Umweltmanagerin, mitPlan GmbH

„In der Forstwirtschaft bezieht sich Nachhaltigkeit auf die Funktion des gesamten Ökosystems.“

Oberförster Wolfgang Ramsl, Bezirksförster Vöcklabruck, kümmert sich auch um die 150 ha Wald der Franziskanerinnen.

FranziskanerinnenMagazin

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