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Was meinem Leben Sinn und Richtung gibt – #12: Burgi Strasser

Offen sein für neue Lernerfahrungen und eine sinnstiftende Arbeit – das sind für Burgi Strasser die Voraussetzungen, um abends zufrieden nach Hause zu gehen. Die 52jährige Mutter von drei erwachsenen Kindern hat sich 2017 entschieden, eine Ausbildung zur Sozialpädagogin zu absolvieren. Seit gut einem Jahr ist sie nun Teil des Teams im Quartier 16 – Wohnung, Begleitung, Orientierung für Frauen.

Was beschäftigt Sie gerade?

Der Wahnsinn des Alltags! Und im Moment ganz konkret eine Situation, die sich hier im Haus entwickelt hat: Vergangene Woche musste eine Frau aufgrund eines groben Verstoßes gegen die Regeln das Quartier 16 verlassen. Und jetzt fordert uns eine andere Bewohnerin … Wir wollen niemanden fallen lassen. Aber wir müssen Entscheidungen im Hinblick auf alle Bewohnerinnen und ihre Interessen treffen. Da ist nicht immer einfach.

Wie geht es Ihnen in solchen Situationen? Schließlich investieren Sie viel Zeit, Zuwendung und Empathie …

Wir haben klare Regeln und die Frauen wissen, wenn sie diese nicht befolgen, können sie nicht hierbleiben. Darüber sind wir uns im Team einig. Und wir haben eine Supervision, die sehr hilfreich ist.

Man muss sich auch gut abgrenzen können. Ich versuche, keine Arbeit mit nach Hause zu nehmen. In der Freizeit widme ich mich bewusst den schönen Dingen: Zeit mit der Familie, mit den Enkelkindern zu verbringen, gemeinsam zu backen, eine Runde spazieren zu gehen … Mein Motto: Kein Kuchen ist auch keine Lösung (zeigt auf das Bild mit dem Spruch hinter ihrem Schreibtisch und lacht).

Sie sind schon seit dem Start im September 2021 im Team des Quartiers 16 – was haben Sie vorher gemacht?

Ich bin eine Spätberufene: Meine Ausbildung zur Sozialpädagogin an der Fachhochschule habe ich im Jahr 2017 begonnen. Vom Grundberuf her bin ich Einzelhandelskauffrau. Ich habe jung geheiratet, wir wohnen am Land, wo es zu der Zeit, als meine drei Kinder klein waren, nicht einfach war, eine Kinderbetreuung zu finden. Deshalb haben wir entschieden, dass ich meinen Beruf nicht ausübe. Ich habe aber immer neben den Kindern etwas gemacht: Eine Zeitlang habe ich stundenweise in Haushalten geputzt, weil ich nicht ganz ohne eigenes Geld sein wollte. Und ich habe Ausbildungen absolviert: Zur Wirbelsäulentrainerin für Kinder, zur Spielgruppenleiterin – als solche war ich 14 Jahre lang tätig. Ich bin auch ausgebildete Erwachsenenbildnerin für Elternbildung.

Es gab also damals schon eine klare Tendenz in Richtung Sozialberuf?

Absolut: Ich habe ein ausgeprägtes Helfersyndrom. Das habe ich lange in verschiedenen Ehrenämtern ausgelebt: Im Gemeinderat, im Pfarrgemeinderat … dort fehlte mir oft die Sinnhaftigkeit. Schließlich habe ich das Bedürfnis, Menschen zu helfen, zum Beruf gemacht. Ich finde es wichtig und schön, wenn meine Arbeit sozial und sinnstiftend ist. Dann kann ich abends zufrieden nach Hause gehen.

Wie kam es zu der Entscheidung für eine Ausbildung zur Sozialpädagogin?

Ich habe in der Lernbetreuung für Kinder und Jugendliche gearbeitet und fragte mich oft: Warum können manche Kinder nicht lernen? Ich habe in ihre Schultaschen geschaut und begonnen, im wahrsten Sinn des Wortes zusammenzuräumen: in der Schultasche, aber auch im Kopf, das ging Hand in Hand. Ich bemerkte, dass das Familiensystem oft im Spiel ist, wenn Kinder, die keine kognitive Beeinträchtigung haben, nicht lernen können. Ich habe dann halt getan, was ich als Mama gefühlsmäßig für richtig hielt – irgendwie ist mir aber die Theorie dazu abgegangen; so entschied ich mich für die Ausbildung zur Sozialpädagogin. Danach habe ich bei Mobilis, einer sozialpädagogischen Betreuungseinrichtung, gearbeitet. Mein Anspruch an mich selbst ist, immer dazuzulernen: aus neuen Situationen, von meinem Gegenüber … ich möchte, dass mir das nicht abhandenkommt, das Lernen-Wollen!

Die Arbeit bei Mobilis hat mich – gerade in der COVID-Zeit – sehr gefordert. Irgendwann hat mein Körper dann STOPP gesagt. Eine Entzündung des Gehörgangs hat mich für längere Zeit außer Gefecht gesetzt und ich musste selbst erfahren, wie es ist, auf Hilfe angewiesen zu sein.

Welches ist Ihr schönstes Erlebnis im Quartier 16?

Schön ist immer, wenn wir mit einer Frau ein kleines Ziel erreichen. Wenn eine Frau wieder lachen kann trotz allem, was ihr widerfahren ist, wenn sie wieder einen Weg für sich sieht. Und wenn uns die Menschen unterstützen, einfach kommen und fragen, was wir brauchen. So viel Hilfsbereitschaft macht mich immer wieder sprachlos! Ich komme jeden Tag gerne ins Quartier 16!

Burgi Strasser, Sozialpädagogin im Quartier 16 der Franziskanerinnen von Vöcklabruck

„Schön ist immer, wenn wir mit einer Frau ein kleines Ziel erreichen. Wenn eine Frau wieder lachen kann trotz allem, was ihr widerfahren ist, wenn sie wieder einen Weg für sich sieht.“

Burgi Strasser

"Kein Kuchen ist auch keine Lösung"

In unserer Serie „Was meinem Leben Sinn und Richtung gibt“ kommen Frauen zu Wort, die sich Gedanken über den größeren Kontext ihres Lebens machen.

Was gibt DEINEM Leben Sinn und Richtung? Was beschäftigt Dich? Schreib uns doch gerne eine Mail oder einen Kommentar dazu!

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