Wie wird man Ordensschwester? – Zu Gast im Ausbildungskonvent St. Elisabeth
Katze Boni nähert sich auf Samtpfoten und schnuppert misstrauisch: In der kleinen Gemeinschaft im Ausbildungskonvent St. Elisabeth im Mutterhaus der Franziskanerinnen von Vöcklabruck fällt es auf, wenn ein Gast da ist. Beim Küchentisch haben sich die fünf Schwestern, die dort wohnen, eingefunden, auch die Generaloberin Sr. Angelika ist da. Sie erzählen über den Weg bis zum Eintritt in die Ordensgemeinschaft.
Derzeit leben im Ausbildungskonvent St. Elisabeth die Novizin Sr. Isabel, Sr. Benedicta, die sich in der Übertrittsphase aus einer anderen Ordensgemeinschaft befindet, Sr. Elisabeth, die heuer ihr zeitliches Gelübde erneuert hat, Sr. Pauline, die in zwei Jahren ihre 60jährige Ordenszugehörigkeit feiern wird und die Leiterin des Ausbildungskonvents, Generalvikarin Sr. Teresa. „Es ist wichtig, dass die Frauen und Schwestern in Ausbildung auch mit älteren Schwestern in Kontakt sind und den Alltag gemeinsam verbringen. So lernen sie das Zusammenleben, tauschen sich auch mit erfahrenen Schwestern aus“, erklärt Sr. Teresa.
Das Zusammenleben im Konvent gestaltet sich familiär: Jede Schwester bewohnt ihr eigenes Zimmer, das Wohnzimmer, die Küche und eine kleine Kapelle nutzen sie gemeinsam. Auch das Büro der Ausbildungsleiterin und der Raum, wo der Unterricht stattfindet, befinden sich im Konvent. Alle Schwestern haben Aufgaben im Haushalt und wenn es die Arbeit erlaubt, treffen sie sich beim gemeinsamen Essen. Die gemeinsamen Gebetszeiten sind ein fixer Punkt im Tagesablauf.
Ordensschwester wird man nicht von heute auf morgen.
Oft nutzen junge Frauen, die sich dafür interessieren, das Angebot des „Mitlebens“, um den Orden besser kennen zu lernen. „Nach einer ersten Zeit des Kennenlernens folgt das so genannte Postulat“, erklärt Sr. Teresa. Bevor es dazu kommt, durchlaufen die jungen Frauen eine dreimonatige Aufnahmephase, in denen sie ihre Beweggründe erklären und protokollierte Gespräche mit Ordensschwestern führen. Ihre Voraussetzungen werden genau geprüft, auch ein psychologisches Gutachten wird eingeholt, denn psychische Gesundheit ist eine Voraussetzung, um der Verantwortung und den Herausforderungen einer Ordensschwester gewachsen zu sein. „Selbstverständlich kann es aber – wie bei jedem Menschen – im Laufe des Lebens Krisen geben, in denen man sich Hilfe holt“, stellt Sr. Angelika klar.
Berufs- und Persönlichkeitsbildung: Postulat
Das Postulat, das mindestens sechs Monate dauert, ist eine Zeit der Berufs- und Persönlichkeitsbildung. Die Anwärterinnen sind in engem Kontakt mit der Ausbildungsleiterin, die ihnen die Inhalte des Ordens näherbringt. Daneben arbeiten sie in ordensnahen Einrichtungen mit. „Ich habe in dieser Zeit auch Deutschkurse absolviert und war ‚Mädchen für alles‘ im Alten- und Pflegeheim St. Klara. Das mache ich immer noch. Daneben arbeite jetzt auch in der Hostienbäckerei“, erzählt Sr. Isabel. Die gebürtige Kenianerin hat im Sommer ihr Postulat beendet, jetzt ist sie Novizin im Ausbildungskonvent St. Elisabeth.
Noviziat: Beide Seiten sind offen
Das Noviziat dauert zwei Jahre, in denen die Novizinnen in den Orden hineinwachsen und sich mit seinen Inhalten intensiv auseinandersetzen. Es gibt in dieser Zeit wenig Ablenkung von außen, dafür eine intensive Ausbildung in der Ordensspiritualität und über das Charisma – die durch den Gründer vorgegebene geistliche und praktische Orientierung des Ordens. Auch mit der Bibel, der Ordensregel und der Ordensgeschichte beschäftigen sich die Novizinnen im Rahmen ihrer Ausbildung.
„Ich habe als Novizin gelernt, wie wichtig es ist, mir Zeit für Gebete zu nehmen“, sagt Sr. Elisabeth. Sie ist schon zwei Schritte weiter, hat die Gelübde für zwei Jahre abgelegt und diese im Sommer für weitere drei Jahre erneuert. Beten sei für sie im Arbeitsalltag nicht immer einfach, meint sie: „Trotzdem ist es wichtig, dranzubleiben. Ich habe durch diese Erfahrung eine Sehnsucht nach Gott entwickelt. Sie gibt mir die Kraft, die Sendung und das Apostolat zu verwirklichen.“ Im Alltag habe sie nicht immer die Möglichkeit, das gemeinsame Gebet wahrzunehmen: „Aber ich habe gelernt, dass ich dazu keine Kapelle brauche. Ich kann das auch morgens im Bus tun, selbst wenn es dort Ablenkungen gibt.“
„Das Noviziat ist eine sehr intensive Lern- und Übungszeit“, erklärt Sr. Teresa. Grundsätzlich gehe es darum, auf die Entscheidung über die Aufnahme in die Gemeinschaft, gut vorbereitet zu werden. Sr. Angelika betont, wie wichtig es sei, dass beide Seiten sich offen auf die Erfahrungen einlassen: „Der Orden prüft genau, ob die Novizin in die Gemeinschaft passt – und umgekehrt: Die Novizin lernt die Gemeinschaft kennen und entscheidet, ob das Leben dort zu ihr passt.“ Es komme immer wieder vor, dass eine Novizin schließlich zur Erkenntnis komme, dass dies nicht der richtige Weg für sie sei. Man müsse immer Kompromisse eingehen, wenn man in einer Gemeinschaft lebt, aber „… nicht jeder Kompromiss ist möglich. Ich erinnere mich zum Beispiel an eine Novizin, die sich schließlich gegen den Eintritt in den Orden entschieden hat. Sie hat ihren Weg gefunden. Wir haben uns nie aus den Augen verloren und jetzt, wo sie älter ist, sucht sie wieder mehr Nähe zu uns.“
Eine wichtige Prämisse des Ordens ist die Freiwilligkeit. Sr. Angelika: „Wer zu uns kommt, soll glücklich und frei sein, es aus Freude tun! Diese Zeit der intensiven Beschäftigung mit seinen Beweggründen, in den Orden eintreten zu wollen, das Hineinwachsen in die Gemeinschaft, ist so wichtig – die kriegt man später nie wieder!“
Profess: Vorerst auf Zeit
„Niemand hat mich gezwungen, ich habe mich frei entschieden“, bestätigen die Novizinnen, wenn sie die Gelübde ablegen. Das geschieht vorerst für zwei Jahre. Die Entscheidung, ob sie zu den zeitlichen Gelübden – der Profess – zugelassen werden, trifft die Provinzoberin mit dem Provinzrat. „Die Jahre der zeitlichen Profess sind dazu da, das Charisma und die Sendung zu vertiefen“, erklärt Sr. Pauline, die zwanzig Jahre, die Junioratsschwestern begleitet hat. Daneben gehen die Schwestern ihrer Arbeit nach und tauschen sich regelmäßig mit erfahrenen Ordensfrauen aus. „Auch in dieser Zeit ist es wichtig, immer wieder zu prüfen: Passe ich in diese Gemeinschaft?“ betont Sr. Pauline. Denn im nächsten Schritt folgt die Erneuerung der Gelübde auf weitere drei Jahre.
Es gehe weiterhin darum, sich zu entwickeln, genau zu hinterfragen: „Was brauche ich noch, um mein Leben als Franziskanerin gut zu leben?“ „Es ist wichtig, dem Lebensgehorsam treu zu bleiben“, erklärt Sr. Teresa, „denn es kommt immer wieder vor, dass sich der gewählte Weg als nicht passend, nicht richtig herausstellt – so sind schon neue Orden entstanden!“ Ein Beispiel dafür ist die mittlerweile heilig gesprochene Mutter Teresa, die ursprünglich dem Orden der ‚Loreto Sisters‘ angehörte, bevor sie dem Ruf folgte, in Kalkutta den Ärmsten der Armen zur Seite zu stehen. Bald schlossen sich andere ihr an und sie gründete die Gemeinschaft der Missionarinnen der Nächstenliebe.
Ausbildungskonvent: Gemeinschaftsleben lernen
Wichtig in der Ordensgemeinschaft ist die Beziehungsfähigkeit, die Bereitschaft, mit anderen zusammenzuleben, sie anzunehmen und im Sinne der Gemeinschaft auch Kompromisse einzugehen. Sr. Angelika zitiert den heiligen Franziskus, der sagte: „Der Herr hat mir Brüder gegeben – wir sind einander geschenkt.“ „Geschenkt“ impliziere, „nicht selbst ausgewählt“. Wie in einer Familie müsse man die Mitglieder der Gemeinschaft annehmen. Beziehungsfähigkeit sei deshalb eine wichtige Eigenschaft für die Ordensfrauen. „Der Ausbildungskonvent bietet hier ein besonders gutes Lernfeld“, erklärt Sr. Teresa. „In unserer kleinen Gemeinschaft kommen immer wieder neue Mitglieder dazu, andere gehen weg, manche kommen als Gäste, leben einige Zeit im Konvent mit.“
„Ich freu mich immer sehr, wenn jemand kommt!“, sagt Sr. Isabel, die gern und offen auf andere Menschen zugeht. Begeistert erzählt sie auch von der Zeit in der „Hütte“: NovizInnen zweier Frauenorden und eines Männerordens verbringen im Rahmen ihrer Ausbildung jährlich einige Tage zusammen in einer Almhütte in Klaffer im Mühlviertel, um gemeinsam zu beten und sich bestimmten Themen zu widmen. Das macht viel Freude. Und der Blick nach außen, der Austausch mit anderen stärkt das Zugehörigkeitsgefühl zur eigenen Gemeinschaft.
(sam)
Familiäres Zusammenleben im Ausbildungskonvent